Das Theaterensemble „Die Heinewitzkas“ ist eine inklusive Theatergruppe, welche sich seit 6 Jahren aus wechselnden Schülern der Käthe-Kollwitz-Schule und der Gustav-Heinemann-Schule
zusammensetzt.
Die Schulen liegen direkt nebeneinander, sind aber bisher nicht oder nur sehr vereinzelt miteinander in Interaktion getreten. Die Schülerschaften haben keinen Kontakt zueinander, da die beiden
Schulhöfe mit einem Zaun voneinander abgetrennt sind. So ist es wenig verwunderlich, dass beide Seiten Vorurteile gegenüber der Schülerschaft der jeweils anderen Schule haben.
Das inklusive Theaterprojekt wirkt dem entgegen, indem es den Schülern beider Schulformen ermöglicht, sich im Rahmen einer gelebten Inklusion auf Augenhöhe miteinander einzulassen. Die Schüler
können mittels des darstellenden Spiels lernen, sich als Menschen zu begegnen, die in gegenseitiger Wertschätzung miteinander umgehen und ihre für den Gruppenprozess notwendige Kreativität gerade aus
der Unterschiedlichkeit aller Teilnehmer zu schöpfen.
Die Mitglieder des Heinewitzka-Ensembles haben durch die verschiedenen Arbeitsprozesse der bereits durchgeführten Theaterproduktionen erfahren, dass sie mehr Gemeinsamkeiten verbinden, als sie
erwartet hätten. Sie haben aber auch gelernt, die Unterschiede, die offenbar werden, wertfrei stehen zu lassen und die Bereitschaft zu zeigen, da wo es nötig ist, ein Mehr an Verantwortung
füreinander zu übernehmen.
Im Rahmen einer inklusiven Theatergruppe bedeutet das ganz konkret, dass alle Ensemblemitglieder gleichermaßen am Entstehungsprozess beteiligt sind und allen Spielern dieselbe disziplinierte
Arbeitshaltung abverlangt wird. Damit niemand auf der Bühne bloß gestellt wird, ist es zudem wichtig, dass alle Schauspieler im Stück so eingesetzt werden, dass sie bezüglich ihrer
individuellen Möglichkeiten ihr Bestes geben und von sich zeigen können.
„In der künstlerischen Perspektive gibt es keine Behinderungen die zu kompensieren sind, sondern allein Ausdrucksqualitäten, die es in Spielprozessen zu gestalten gilt“ (Ruping).
Im Vordergrund unserer Projekte steht stets der Anspruch einer ästhetisch orientierten Theaterpädagogik, die in der Lage ist, die Forderungen des sozialen Lernens zu integrieren. Um den Schülern
ein Höchstmaß an Mitbestimmung zu ermöglichen, sind sie an allen Phasen der Planung und Organisation der einzelnen Inszenierungen beteiligt. Jede Szene wird mittels Improvisationen erarbeitet und von
der Spielleitung weiter modifiziert und in Textform gebracht. Dabei orientiert sie sich immer an der Ausdrucksweise der Schüler und ist darum bemüht, möglichst viele Inszenierungsideen der Schüler
umzusetzen.
So entstanden beispielsweise in den letzten Jahren eine in die Gegenwart transferierte Fassung des „Faust“ nach Goethe und eine Star-Wars-Adaption von Shakespeares „Romeo und Julia“, ein
Maskenprojekt und eine moderne Interpretation von „Herr der Fliegen“ nach William Golding. In diesem Schuljahr entwickeln Schüler aus drei verschiedenen Schulformen (Förderschule, Gesamtschule,
Berufsschule) eine Szenencollage zu dem Oberthema Träume.
Über den thematischen und darstellerischen Aspekt hinaus, erhalten die Schüler im Rahmen der Theaterarbeit die Möglichkeit, die Inszenierung eines Theaterstückes in seiner ganzen Bandbreite zu erfahren und mit zu gestalten.
Dazu gehört:
• Requisiten- und Kulissenbau
• Beleuchtung
• Musikalische Begleitung
• Auswahl und Gestaltung adäquater Kostüme
• Öffentlichkeitsarbeit (Presse, Plakate, Eintrittskarten)
• Organisation einer Aufführung (Raumgestaltung, Kartenverkauf, Catering)
• Dokumentation des Arbeitsprozesses
Aufgrund seiner vielseitigen Einsatzmöglichkeiten fördert dieses Projekt sowohl das körperliche und sprachliche Ausdrucksvermögen der Schüler als auch ihre Imaginationsfähigkeit, Spontaneität,
Empathie und Teamfähigkeit. So können intensive soziale Kontakte ausgelöst und gefestigt werden. Des Weiteren können die unterschiedlichsten individuellen Fähigkeiten in den verschiedenen
Tätigkeitsbereichen zum Einsatz kommen. Dies fördert in einem hohen Maße das Selbstwertgefühl der Schüler, welches die Grundlage für ein toleranteres Miteinander liefert.
Die finale Aufführung des gemeinsam entwickelten Theaterstückes im öffentlichen Raum, leistet zudem einen wichtigen Beitrag zur Integration behinderter Menschen in unsere Gesellschaft, da die Schüler
ein Forum erhalten, welches Einblicke in ihre Gefühls- und Gedankenwelt ermöglicht. Dies führt beim Publikum zum Abbau von Vorurteilen und erleichtert somit ein gegenseitiges Verstehen. So kann eine
positive Annäherung stattfinden, welche deutlich macht, dass jeder von uns in seiner Einzigartigkeit ein wertvoller Teil unserer Gesellschaft ist.